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Fritz Bauers Büro 1968
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Attentat auf Bauer

Die Anfeindungen und die Verfolgung durch Nazis hörten für Fritz Bauer nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik 1949 nicht auf. Im Gegenteil, sie wurden mit der Zeit wieder schlimmer.

Zuerst während des Remer-Prozesses und dann vor allem seit dem Bekanntwerden des Auschwitz-Prozesses und den Veröffentlichungen über die Gräueltaten in dem VernichtungslagerWas bedeutet das?. Erstmals wurde durch den Prozess die beabsichtige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas von den Zeug*innen mit dieser Nähe zur Tat geschildert. Niemand kann seitdem Auschwitz mehr leugnen.

Drohbriefe

Fritz Bauer und seine StaatsanwälteWas bedeutet das? erhielten zahlreiche antisemitische Drohbriefe. Die StaatsanwaltschaftWas bedeutet das? legte einen Aktenordner an mit dem Titel: „Irre Zuschriften“. Der GeneralstaatsanwaltWas bedeutet das? bekam dienstlich eine Pistole für Zuhause. Und das Bürgerhaus Gallus, wo das Frankfurter Gericht während des Auschwitz-Prozesses mangels geeigneter Säle in der kriegszerstörten Stadt tagte, musste wegen einer Bombendrohung vor jedem Verhandlungstag nach Sprengkörpern durchsucht werden.

©Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main

Freund*innen Bauers erzählten später von den vielen anonymen Anfeindungen und MordWas bedeutet das?drohungen, die auch vor nächtlichen Anrufen in der Privatwohnung nicht haltmachten. Sie sollten ihn innerlich zermürben und verfehlten ihr Ziel nicht. Auch wenn er dann einfach den Telefonhörer auflegte. Einmal beantwortete Bauer ein Schreiben, das während des Auschwitz-Prozesses aus London im Büro der GeneralstaatsanwaltWas bedeutet das?schaft eintraf, postwendend mit einer Abwandlung des Sechsten Gebots „Du sollst nicht töten“: „That thou shalt do no murder“.

©Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main

Als Terroristen mit nationalsozialistischer Gesinnung den Frankfurter GeneralstaatsanwaltWas bedeutet das? 1966 ermorden wollten, leitete der Generalbundesanwalt ein StrafverfahrenWas bedeutet das? ein. Die Akte liegt im Archiv der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die Presse berichtete auch über diesen Vorfall.

Die Frankfurter Juristin Ilse StaffWas bedeutet das? brachte es auf den Punkt, als sie in ihrem Gedenkbeitrag über Fritz Bauer 1968 in der Zeitschrift Tribüne feststellte: „Er war der Generalsstaatsanwalt, der die Mörder von Auschwitz anklagte.“ Anfeindungen und anonyme MordWas bedeutet das?drohungen begleiteten ihn bis zum Tod.

©Frankfurter Neue Presse

Fritz Bauer schrieb am 31. Dezember 1967 sein Testament. Seine Asche sollte nicht begraben werden. Die Hälfte seines Vermögens vermachte er der Aktion „Sühnezeichen“, die andere Hälfte seiner Ehefrau Anna Maria Bauer Petersen.

©Frankfurter Rundschau

Testament

Anfeindungen – bis heute

Ewiggestrige Kommentare und Publikationen zu Fritz Bauers Kampf gegen die Straflosigkeit des mit dem Namen Auschwitz für immer verbundenen Verbrechens haben bis heute den antisemitischen, die NS-Täter verharmlosenden Tenor der 1950er und 60er Jahre. Nachlesbar unter anderem der Webseite der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 30. September 2015. In einem von Oliver Kaever verfassten Beitrag steht da der Satz:

„So wird ein Mann dem Vergessen entrissen, dessen Anliegen Aufklärung war, nicht Rache. Ohne Fritz Bauers Einsatz wäre das moderne Deutschland nicht vorstellbar“. Der anonyme Kommentar lautet: „Das ist unglaubwürdig. Wenn es ihm lediglich um Aufklärung gegangen wäre, dann hätte er sich um forensische und dokumentarische Beweise bemüht. Die hätte er auch ohne einen großen Auschwitzprozess sammeln können. Dass er darauf hingewirkt hat, dass Menschen allein aufgrund von höchst fragwürdigen Zeugenaussagen verurteilt wurden, deutet wohl eher darauf hin, dass es ihm um Rache ging. Das ist verständlich, er war ein deutscher Jude, aber gleichwohl war es falsch. Das ‚moderne Deutschland‘ ist sicherlich auch ohne Fritz Bauer vorstellbar. Gott sei Dank!“ 
Oliver Kaever, DIE ZEIT vom 30. September 2015.

Der ehemalige Berliner Generalstaatsanwalt Dr. Hansjürgen Karge, dessen Laufbahn in der hessischen Justiz begann, schrieb am 19. April 2014 in einem Leserbrief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel

„Wir können alle von Fritz Bauer lernen“

nur halb ironisch und

„Nazis“ und „Resozialisierung“

in Anführungszeichen setzend:

„Aber auch ‚linke‘ Journalisten können noch etwas von Bauer lernen: Ich habe ihn als Student 1963 nach einem Vortrag gefragt, wie er denn seinen Verfolgungsdrang gegenüber ‚Nazis‘ mit seiner Lehre von der Défense Sociale vereinbaren könne, wonach es nicht um Schuld und Vergeltung gehen dürfe, sondern um ‚Resozialisierung‘, die ja zu seinem Entsetzen erfolgreich sei. Er meinte lächelnd, da die große Mehrheit seine Auffassung nicht teile, müsse sie konsequent die Täter verfolgen. Ich fand das damals nicht sehr überzeugend.“
Dr. Hansjürgen Karge, FAZ vom 19. April 2014

Die Unterstellung, Fritz Bauer habe mit zweierlei Maß gemessen, die Auschwitz-Täter hätten keiner ResozialisierungWas bedeutet das? bedurft, sogar er selbst hätte dies behauptet, wird also bis heute fälschlich wiederholt. Auch am nach Bauer benannten Holocaust-Forschungsinstitut in Frankfurt am wird dieser Irrglaube als gängige Meinung publiziert. Der Rechtsanwalt und Holocaust Nachkomme Achim Doerfer trifft es mit seiner Ironie auf den Punkt: „Das größte Resozialisierungsprojekt der Geschichte – Wie die Deutschen sich mit den Deutschen versöhnten.“ Bereits unmittelbar nach Fritz Bauers plötzlichem Tod 1968 fand die Juristin Ilse StaffWas bedeutet das? 1968 die passenden Worte:

„Es kam der angeblich sachliche Einwand, er sei inkonsequent – er kämpfe für die Resozialisierung jedes Verbrechers, aber bei den Nazimördern sei er erbarmungslos, sei er rachsüchtig. (…) Was haben wir getan? Wir haben es im Großen und im Kleinen zu einer Situation kommen lassen, in der er unendlich einsam, unendlich deprimiert, unendlich traurig gestorben ist.“ 
Ilse Staff

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Glossar

Quellen- und Literaturhinweise:

Doerfer, Achim, „Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen“. Die Rache der Juden, das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 und das Märchen deutsch-jüdischer Versöhnung. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2021.

Kaever, Oliver, „Der Held will keine Rache“, in: DIE ZEIT, 30. September 2015: URL: https://www.zeit.de/kultur/film/2015-09/staat-gegen-fritz-bauer-lars-kraume?page=4 (zuletzt abgerufen am 21. November 2022).

Karge, Hansjürgen, „Wir können alle von Fritz Bauer lernen“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. April 2014.

Gedenkrede von Ilse Staff, Juli 1968 (handschriftlich), Fritz Bauer Archiv des Fritz Bauer Forums, Bochum.

Staff, Ilse, „In memoriam Fritz Bauer“, in: Tribüne: Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, Jg. 7 (1968), Nr. 27, S. 2857-2859.

Testament von Fritz Bauer, 31.12.1967 (handschriftlich), Fritz Bauer Archiv des Fritz Bauer Forums, Bochum.

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