„Haupttäter“
Wer waren die „Haupttäter“?
„In allen Fällen waren als Haupttäter anzusehen Hitler, Himmler und Heydrich, die die Einrichtung der Konzentrationslager, und insbesondere des Konzentrationslagers Auschwitz, befohlen haben und nach deren Willen in diesem Lager Auschwitz die Menschen der Vernichtung preisgegeben werden sollten.“ So die mündliche Urteilsbegründung im Auschwitz-Prozess, und weiter hieß es dort: „Inwieweit die Angeklagten nun an diesen Taten beteiligt sind, ob sie als Mittäter oder als Beihelfer tätig waren, das soll bei der Besprechung der einzelnen strafbaren Handlungen, die den Angeklagten zum Vorwurf gemacht werden, erörtert werden.“ (Strafsache gegen Mulka u.a., 4 Ks 2/63, Landgericht Frankfurt am Main, Mündliche Urteilsbegründung, 182. Verhandlungstag, 19.8.1965.)
Mit dieser Formel wurden nicht nur im Auschwitz-Prozess die Angeklagten entlastet. Nachdem Hitler und Himmler Selbstmord begangen hatten und Heydrich Opfer eines Attentats geworden war, gab es offenbar niemand mehr, der als (Haupt-)Täter zur Verantwortung gezogen werden sollte.
Auch Adolf Eichmann, der Millionen Menschen in den Tod beförderte, berief sich vor Gericht auf seinen Kadavergehorsam und Befehlsnotstand. Er wollte sich von der Verantwortung freisprechen, indem er sich als kleines Rädchen in der Vernichtungsmaschinerie hinstellte. Der erfinderische Deportationsspezialist wollte, wie alle Machthaber des Nazi-Regimes, bloß noch ein Befehlsempfänger gewesen sein.
In welchem Ausmaß die Rechtsprechung in den NS-Prozessen in Deutschland die Verantwortung des Einzelnen und der gesamten Gesellschaft ausblendete, wird daran deutlich. Von der Spitze bis ans unterste Ende der NS-Hierarchie beriefen sich NS-Täter auf Befehlsnotstand und ihren Gehorsam.
Jahrzehntelang verhallte ungehört, was Fritz Bauer ihnen entgegenschleuderte: „Ihr hättet Nein sagen müssen.“
Die Machthaber und ihre willige Gefolgschaft
Die Machthaber des „Dritten Reiches“ waren nicht nur eine kleine Gefolgschaft im Sinne von: „Führer befiehl, wir folgen Dir!“ Sie waren die Glieder einer einzigartigen Verschwörung. Unter ihnen herrschte Übereinstimmung im Wollen und Handeln, ideologische und aktive Identität war das Grundprinzip der nationalsozialistischen Diktatur.
Kennzeichnend für die NS-Täter*innen war ihr vorauseilender Gehorsam, die besinnungs- und hemmungslose Bereitschaft zur Befehlsausführung und damit zu jedem Verbrechen, die Totalität des Einsatzes, ihre Rivalität um die Gunst der Machthaber.
Ihre Motivation war persönlicher Ehrgeiz, ein extremer Nationalismus, ein radikaler Antisemitismus, eine rassistische Weltsicht, die eins wurden in der Verwirklichung der „Endlösung der Judenfrage“, der beabsichtigten Auslöschung des „jüdischen Bolschewismus“ im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Mit anderen Worten, in der beabsichtigten Ermordung aller Juden und Jüdinnen in Europa im Zweiten Weltkrieg.
Insofern hat es nie einen „Führerbefehl“ gegeben – es brauchte ihn nicht.
Weitere Hauptverantwortliche
des Holocausts
Hitler wurde 1889 in der österreichischen Grenzstadt Braunau am Inn geboren, er wuchs in einer Familie der unteren Mittelschicht auf. Sein Vater war Zollbeamter, er starb 1903, die Mutter 1907. Zweimal scheiterte Hitler nach dem Besuch einer Realschule bei der Aufnahmeprüfung in die Malschule der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Danach führte er ein unstetes Leben in Wien und saugte sich voll mit antisemitischen Parolen, die damals die Öffentlichkeit überfluteten.
1913 zog Hitler nach München und meldete sich nach Ausbruch des Weltkrieges zum bayerischen Militär. Als Gefreiter in einem Infanterieregiment wurde er mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse ausgezeichnet, aber nicht befördert. Die Nachricht von der Kapitulation erreichte ihn im Lazarett, in das er – bei einem Senfgasangriff verwundet, das heißt erblindet – eingeliefert worden war.
Nach der Entlassung kehrte er nach München zurück, blieb in Militärdiensten und bespitzelte die politische Szene. Dabei kam er mit einer Splittergruppe in Berührung, die sich Deutsche Arbeiterpartei nannte. 1921 wurde er ihr Anführer und engagierte sich fortan immer mehr in der Rolle des Agitators. Nach einem gescheiterten Putschversuch am 9. November 1923 machte man ihm und seinen Genossen den Prozess. Hitler nutzte ihn als Bühne zu Schmähreden auf die Weimarer Republik und fand bei den Richtern sowie in der Öffentlichkeit ein beachtliches Echo. Die Ausweisung des Österreichers Hitler unterblieb, obwohl sie gesetzlich vorgeschrieben war.
Zu Festungshaft verurteilt, aber schon nach wenigen Monaten entlassen, verfasste Hitler im Landsberger Gefängnis seine Programmschrift Mein Kampf und begann 1925 mit dem Neuaufbau der NSDAP.
Zunächst fand sie wenig Resonanz, stieg aber bei den Reichstagswahlen 1930 zur Massenpartei auf. Im Frühjahr 1932 konnte sich Hitler als Kandidat für das Amt des Reichspräsidenten aufstellen lassen. Er unterlag zwar dem Generalfeldmarschall von Hindenburg, erzielte jedoch (mit 36,8 Prozent der Stimmen) einen unerwarteten Erfolg; erst recht bei den Reichstagswahlen am 31. Juli 1932, bei denen die NSDAP 37,3 Prozent (zuletzt, nämlich am 5. März 1933, 43,9 % oder 17,3 Millionen Stimmen) errang – jedoch niemals bei freien Wahlen die absolute Mehrheit. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt und regierte ohne parlamentarische Mehrheit.
Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 erging eine präsidentielle Notverordnung „zum Schutz von Volk und Staat“, welche die bürgerlichen Grundrechte aufhob – angeblich „zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“, in Wahrheit jedoch zur Legalisierung des bereits entfesselten Terrors und zur Festigung der Diktatur. Das am 23. März 1933 durchgesetzte „Ermächtigungsgesetz“ vollendete die „Nationale Revolution“ und schuf die Voraussetzung für die Verfolgung der politischen Opposition und besonders der Juden und Jüdinnen.
Himmler stammte aus einer kleinbürgerlich-katholischen Familie, der Vater war Schulleiter. In München geboren, aufgewachsen in Landshut, wo er die Oberschule besuchte, war er ein Musterschüler, der nach dem Abitur Berufsoffizier werden wollte und es im Ersten Weltkrieg bis zum Fähnrich brachte. Nach dem Studium der Landwirtschaft und Ökonomie betätigte er sich als Vertreter und Geflügelzüchter. Über einen rechtsradikalen Soldatenverein stieß Himmler zur NSDAP und nahm am Putschversuch von 1923 teil:
Als Fahnenträger, der Hitler vom ersten Tag an verfallen war und regelrecht hörig wurde. Seit 1926 stellvertretender Propagandaleiter der NSDAP, begann Himmlers Karriere 1929 mit der Übernahme des Kommandos über die noch kleine SS, Schutzstaffel zur Sicherung der NSDAP-Führerschaft. Bis zur Machtübergabe an die Nationalsozialisten baute er sie zu einer Stärke von 30.000 Mann aus. Im „Dritten Reich“ zunächst Polizeipräsident von München und Leiter der politischen Polizei in Bayern, verschaffte er sich binnen kurzem die Zuständigkeit für die Geheimpolizei in allen Ländern. 1934 machte Göring ihn zum Stellvertretenden Chef der preußischen Gestapo, 1936 wurde er offiziell Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei.
Der Durchbruch gelang Himmler 1934: durch Mitwirkung seiner SS bei der Niederschlagung des „Röhm-Putsches“. Zusammen mit dem Stabschef der SA und der Führung dieser Parteiarmee wurden zahlreiche Regimegegner umgebracht. Nun machte Hitler die SS zum selbständigen Werkzeug des NS-Terrors, Himmler wurde zum mächtigsten Gefolgsmann des „Führers“ und entwickelte einen förmlichen Staat im Staate: Durch Beherrschung der gesamten Polizei und Gestapo, durch Schaffung einer sogenannten Verfügungstruppe, durch den Ausbau des Konzentrationslagersystems, durch die Organe der Rasse- und Siedlungspolitik, durch Sonderinstanzen, die in die verschiedensten Lebensbereiche eindrangen (so die Zuchtanstalten des „Lebensborn“ oder die Forschungsunternehmen des „SS-Ahnenerbes“), nicht zuletzt durch die Gründung einer neuen Wehrmachtsformation, der Waffen-SS, die es im Laufe des Krieges auf 40 Divisionen brachte.
Als antisemitischer und germanophiler Machtpolitiker träumte Himmler von der Weltherrschaft der nordischen Rasse, deren Angehörige aus allen europäischen Ländern herauszulösen und in einem zu erobernden Siedlungsraum als bäuerliche Herrenmenschen ein urtümliches Heldenleben genießen sollten
– während die “minderwertigen” und speziell die „fremdvölkischen“ Untertanen (Juden und Jüdinnen, Pol*innen, sowjetische Staatsbürger*innen in erster Linie) zum Teil ausgerottet, zum Teil zu Dienstleistungen versklavt werden sollten.
Nach der Entrechtung der deutschen Juden und Jüdinnen durch die Nürnberger Rassegesetze 1935 sowie im Zuge der geplanten Vertreibung der gesamten jüdischen Bevölkerung (etwa 550.000 Menschen) entwickelte die SS-Führung Pläne zur vollständigen „Säuberung“ ihres Herrschaftsbereiches und begann bei Kriegsbeginn mit der Verfolgung der Juden und Jüdinnen in den eroberten Territorien.
1939 zum „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ ernannt, ließ Himmler eine Denkschrift für die „Behandlung der Fremdvölkischen“ (Mai 1940) ausarbeiten und plante die vollständige Vernichtung der Juden und Jüdinnen. Bereits im Herbst 1941 ordnete er an, Personal der NS-Euthanasie-Aktion abzustellen, um die polnischen Juden und Jüdinnen in Gasanlagen zu ermorden. Der Holocaust begann Ende 1941 mit den Deportationen, bald aus ganz Europa, in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Vor allem in Auschwitz wurde fortan ein fabrikmäßig organisierter Massenmord betrieben und sollte sich erfüllen, was Himmler als seine Mission verstand: Die „Endlösung der Judenfrage“.
1943 machte Hitler ihn zum Reichsinnenminister und – nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 – zum Befehlshaber des Ersatzheeres. In Anbetracht der drohenden Niederlage versuchte Himmler, Geheimverhandlungen mit den Alliierten aufzunehmen und traf sich sogar mit einem Emissär des jüdischen Weltkongresses, um ihm ein Friedensangebot zu machen. Von der britischen Besatzungstruppe verhaftet, flüchtete Himmler sich am 23. Mai 1945 in den Selbstmord.
SS-Obergruppenführer Heydrich galt im „Dritten Reich“ als Prototyp des „nordischen Herrenmenschen“. Er war zugleich der technisch perfekte Führungsfunktionär, der die Judenvernichtung zielstrebig ins Werk setzte.
Geboren am 7. März 1904 in Halle an der Saale, stammte Heydrich aus einer gutbürgerlichen Musikerfamilie. Sein Vater, ein begeisterter Wagnerianer, war Opernsänger, Komponist und Direktor des Konservatoriums in Halle. Heydrich wurde nach dem Abitur zunächst Berufsoffizier bei der Marine, brachte es bis zum Oberleutnant, musste jedoch nach einem Ehrengerichtsverfahren ausscheiden.
Anfang der 1930er Jahre trat er in die NSDAP und SS ein, machte dort schnell Karriere: Er wurde Himmlers rechte Hand, der unentbehrliche Stabschef, der im Schatten des Reichsführers-SS und Befehlshabers der Polizei die Struktur des Terrorsystems entwickelte. Mit Hilfe des Geheimdienstes, erst recht nach Entstehung des Reichssicherheitshauptamtes, organisierte er die Überwachung der Bevölkerung und setzte die Zwangsinstrumente des Regimes (Konzentrationslager, Einsatzgruppen, Gestapo) jederzeit ein. Vor allem zur Verfolgung und Vernichtung der Juden und Jüdinnen, aber auch der polnischen und russischen Intelligenzschicht, der Sinti*zze und Rom*nja und der Behinderten.
Heydrichs größtes Verbrechen ist die Organisation der Vernichtung der Juden und Jüdinnen für die er auf der berüchtigten Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 seine Planung vorlegte. Die Vertreter der wichtigsten Regierungsämter bekamen hier die Etappen für die bereits angelaufene „Endlösung der Judenfrage“ präsentiert.
Heydrich verlegte seine Machtzentrale nach Prag, wo er ein despotisches Regiment führte. Nach einem Attentat tschechischer Widerstandskämpfer starb er am 4. Juni 1942. Die Besatzungsmacht rächte sich blutig: Standgerichte in Prag und Brünn verurteilten 936 bzw. 395 angeblich Beteiligte zum Tode; darüber hinaus wurden die Ortschaft Lidice und andere Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, die meisten Einwohner umgebracht.
Geboren im bayerischen Rosenheim als Sohn einer wohlhabenden Familie. Im Ersten Weltkrieg Kampfflieger und zuletzt Kommandeur des Richthofen-Geschwaders; nach dem Krieg arbeitslos, in Dänemark und Schweden als Schauflieger tätig; durch seine erste Frau 1922 mit der NSDAP in Kontakt gebracht. 1923 zum Obersten SA-Führer ernannt und am gescheiterten Putsch des 9. November 1923 in München beteiligt, danach Flucht ins Ausland; Rückkehr 1927. Im Jahr danach Abgeordneter der NSDAP im Reichstag, nach dem 1930 einsetzenden, sprunghaften Wahlerfolg der Nazis im Sommer 1932 dessen Präsident.
Nach der Machtübergabe an Hitler am 30. Januar 1933 Minister ohne Geschäftsbereich und zugleich Reichskommissar für das preußische Innenministerium; im April 1933 Ministerpräsident und Innenminister von Preußen. Dort baut Göring mit Himmler die Gestapo auf und wird ihr Chef. Er „säubert“ die preußische Verwaltung, vor allem die Polizei, trumpft mit rechtswidrigen Parolen auf.
1934 übernimmt er zusammen mit Reichsführer-SS Himmler eine führende Rolle beim „Röhm-Putsch“ zur Ausschaltung des SA-Rivalen, den er mitsamt der SA-Führung ermordet. Im Rahmen der Wiederaufrüstung 1935 zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe ernannt, wird ihm 1936 auch die Verantwortung für den Vierjahresplan übertragen, weil Hitler Göring zutraut, die Wirtschaft auf den Krieg vorzubereiten und sich auf jedem Gebiet radikal durchzusetzen. Für die Gleichschaltung der Wirtschaft zuständig, betreibt Göring die „Arisierung“ der jüdischen Betriebe, gründet selbst die „Reichswerke Hermann Göring“ zur Beschleunigung der Rüstung (1937). Von Hitler nach dem antijüdischen Pogrom vom 9. November 1938 mit der Regelung der „Judenfrage“ beauftragt, sorgt er für die Ausbeutung der jüdischen Bevölkerung.
Zu Kriegsbeginn wird Göring zum Nachfolger Hitlers bestellt und offiziell zweiter Mann des NS-Regimes. Nach den ersten Erfolgen im Krieg gegen Polen und Frankreich 1940 zum Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches befördert und mit dem höchsten Orden, dem Großkreuz des Eisernen Kreuzes, dekoriert, fällt Göring vorübergehend bei Hitler in Ungnade, weil er mit seiner Luftwaffe den „Kampf um England“ nicht gewinnt.
Fortan von allen wesentlichen Entscheidungen ferngehalten, behält Göring jedoch zentrale Machfunktionen. In seiner Funktion als „Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches / Beauftragter für den Vierjahresplan / Vorsitzender des Ministerrats für die Reichsverteidigung“ ermächtigt er am 31. Juli 1941 den Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Gruppenführer Heydrich, „alle erforderlichen Vorbereitungen (…) für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa“ zu treffen. Dies ist der Anlass für die Einberufung der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942.
Noch einmal bei Kriegsende tritt Göring in Erscheinung, als er – ins sichere Berchtesgaden geflüchtet – eine Woche vor Hitlers Selbstmord im Reichskanzlei-Bunker bei seinem „Führer“ anfragt, ob er denn nun die Staatsgeschäfte übernehmen solle, und darum von diesem aus allen seinen Positionen entlassen wird. Bei seiner Gefangennahme am 8. Mai 1945 auf Schloss Fischhorn am Zeller See glaubte Göring immer noch, von General Eisenhower als Verhandlungspartner akzeptiert zu werden und als nächstes mit einer Proklamation vor sein deutsches Volk treten zu können.
Göring wird, nach einer Morphium-Entziehungskur im Lager Mondorf, im September 1945 in das Gefängnis des Nürnberger Justizgebäudes gebracht. Im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wird er zum Tode verurteilt. Er entzog sich der Urteilsvollstreckung im Oktober 1946 durch Selbstmord.
Geboren in Rheydt im Rheinland in einer streng katholischen Familie, in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Am Ersten Weltkrieg konnte er wegen eines Klumpfußes nicht teilnehmen. Literatur- und Philosophiestudium an der Universität Heidelberg, Abschluss mit der Promotion.
1924 Eintritt in die NSDAP, 1925 erstmals Hitler vorgestellt, 1926 Gauleiter von Berlin, wo er in den folgenden Jahren einen beispiellosen Propagandafeldzug initiierte. 1928 in den Reichstag gewählt, machte Hitler ihn 1930 zum Propagandaleiter der Partei. Von 1930-1933 organisierte Goebbels die Wahlkampagnen der NSDAP.
Als NS-Gauleiter von Berlin sowie als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda in der Hitler-Regierung (ab 14. März 1933) hat er das meiste dafür getan, Hitler und das NS-Regime populär zu machen. Seine Methode: Gleichschaltung der Presse sowie des Rundfunks, die er von Berlin aus zu steuern und reglementieren verstand; sogenannte „Arisierung“ des gesamten Kulturlebens (der Filmproduktion, der Theater- und Musikaufführungen, der Literatur, der wissenschaftlichen Publizistik), das heißt Vertreibung sämtlicher jüdischer Kulturschaffender und Unterdrückung jeder oppositionellen Meinungsäußerung. Auf seine Veranlassung fand am 10. Mai 1933 die Bücherverbrennung statt.
Goebbels war daneben ein skrupelloser Aktivist: Er war maßgeblich bei der Auslösung und Durchführung des antijüdischen Pogroms vom 9. November 1938, der sogenannten „Reichskristallnacht“, beteiligt. Nach Kriegsbeginn 1939 übernahm er eine Schlüsselrolle bei der psychologischen Kriegsführung und ging weit über sein eigentliches Aufgabengebiet hinaus, indem er die Aktivitäten jüdischer Organisationen und die Bewegungsfreiheit der Juden und Jüdinnen einschränkte. Ihre im September 1941 eingeführte Kennzeichnung mit dem „gelben Stern“ hat Goebbels mit angeregt.
Der Höhepunkt kriegerischer Durchhaltepropaganda war Goebbels Rede im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943, mit der er die Bevölkerung auf den „totalen Krieg“ einschwor. Im Juli 1944 ernannte Hitler ihn zum „Reichsbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz“. 1944 gelang es ihm, mit Hilfe des ihm ergebenen Majors Ernst Otto Remer, die Niederschlagung des Aufstands vom 20. Juli 1944 im Berlin zu organisieren.
Goebbels führte von 1924 bis 1945 Tagebuch. Seine Aufzeichnungen zählen zu den wichtigsten Quellen aus der NS-Führungsspitze. Sie zeigen ihn als radikalen Antisemiten, Hitler bedingungslos ergeben. Noch in den letzten Tagen des NS-Regimes zog er mit Frau und Kindern in den Führerbunker um. In seinem Testament hielt er fest, dass ein Leben nach Hitlers Tod für ihn und seine Familie sinnlos sei. Er beging mit seiner Frau Magda geborene Quandt, die er 1931 geheiratet hatte, am 30. April 1945 Selbstmord. Zuvor ermordeten sie ihre sechs Kinder im Alter zwischen vier und zwölf Jahren.
Der Generalgouverneur des 1939 eroberten Polen war eine der eigenartigsten Figuren in der Führerschaft des „Dritten Reiches“: Einerseits als Jurist ein penibler Positivist, andererseits ein radikaler Funktionär der „Endlösung der Judenfrage“.
Frank, in Karlsruhe geboren und aus einer gutbürgerlichen Familie, studierte in München und promovierte 1924 in Kiel. Er war Mitglied der völkischen „Thule-Gesellschaft“, schloss sich 1919 dem rechtsextremen Freikorps Epp an, machte 1923 sein Staatsexamen, trat in die SA sowie die NSDAP ein und beteiligte sich am 9. November 1923 in München an dem missglückten Hitler-Putsch.
Ab 1930 war er Reichstagsabgeordneter der NSDAP, schon zuvor Hauptanwalt und Verteidiger der Partei. Frank vertrat Hitler in einigen Verleumdungsprozessen vor Gericht. Er wurde bayerischer Justizminister, zugleich mit der Gleichschaltung, also der Ausrichtung des Rechtswesens auf die nationalsozialistische Ideologie beauftragt. 1934 wurde er zum Reichsminister ohne Geschäftsbereich ernannt und war von 1934 bis 1941 Präsident der “Akademie für Deutsches Recht”.
In eine gewichtige Machtposition gelangte er, als im Zuge der Besetzung Polens das „Generalgouvernement“ gebildet wurde, das restliche, nicht von Deutschland annektierte Territorium Polens. Im Oktober 1939 ernannte Hitler ihn zum „Generalgouverneur“. Soweit nicht die SS dort das Kommando führte und die Maßnahmen zur Ausrottung der Juden und Jüdinnen durchsetzte, vollzog Frank nach eigenen Plänen die „Endlösung“. Er ließ die ersten Vernichtungslager errichten und betrieb die systematische Ausbeutung des Besatzungsgebiets sowie die Versklavung der Bevölkerung. Er war verantwortlich für die Ermordung Hunderttausender Polen und die Deportation etwa einer Million polnischer Zwangsarbeiter*innen.
Als Rivale Himmlers und seiner Volkstumspolitik fiel Frank im August 1942 in Ungnade, durfte jedoch – aller sonstigen Ämter entkleidet und mit Redeverbot belegt – auf seiner Krakauer Burg weiter als „Generalgouverneur“ residieren. Die Vernichtung der Juden und Jüdinnen rechtfertigte Frank auch weiterhin; 1944 wollte er sogar noch einen antisemitischen Weltkongress nach Krakau einberufen.
In Nürnberg, vor dem Internationalen Militärtribunal, sprach er von der deutschen Schuld, wehrte sie aber durch die Aufrechnung mit den Kriegshandlungen der Alliierten vollständig ab. In der Haft schrieb er seine Memoiren, die 1953 unter dem Titel Im Angesicht des Galgens publiziert wurden. Frank wurde zum Tode verurteilt.
Geboren in einem Dorf bei Augsburg, uneheliches Kind aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, brachte Julius Streicher es beruflich bis zum Hauptlehrer; ehe er – schon in den frühen zwanziger Jahren – zur NSDAP stieß, 1923 am Hitlerputsch beteiligt war und besonders ab 1926 den Wiederaufbau der NSDAP im fränkischen Raum organisierte.
Mit Haut und Haaren seinem „Führer“ Untertan, prägte er für die Nachwuchsformation den Namen Hitlerjugend („Bund deutscher Arbeiterjugend“), wurde Gauleiter der NSDAP in Franken und zog bereits 1924 in den bayerischen Landtag, 1932 in den Reichstag ein.
Nach der Machtübernahme Leiter eines „Zentralkomitees zur Abwehr der jüdischen Gräuel- und Boykotthetze“, blieb Streichers Hauptfunktion seit 1923 die Redaktion der von ihm gegründeten Wochenschrift Der Stürmer, die einen rabiaten Antisemitismus propagierte und es in den dreißiger Jahren bis zu einer Auflage von nahezu 500.000 Exemplaren brachte. In öffentlichen Schaukästen war das Hetzblatt überall präsent.
Streicher predigte den reinen Rassenhass. Neben antisemitischer Indoktrination zettelte er antijüdische Pogrome an. Seine besonders brutale Arisierungspolitik führte dazu, dass ihn sogar seine Parteigenossen fallen ließen und er 1940 infolge einer Korruptionsaffäre sein Amt als Gauleiter verlor.
Nach Kriegsende versuchte Streicher unterzutauchen und eine andere Identität anzunehmen, wurde aber am 23. Mai 1945 von US-Truppen verhaftet. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde er zum Tode verurteilt, das Urteil am 16. Oktober 1946 vollstreckt.
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Fritz Bauer, „Mörder unter uns (1958)“, in: Ders., Die Humanität der Rechtsordnung. Ausgewählte Schriften. Hrsg. v. Joachim Pereles und Irmtrud Wojak. Frankfurt am Main, New York: Campus 1998, S. 97-100.
Irmtrud Wojak, Fritz Bauer 1903-1968. Eine Biographie. München: C.H. Beck 2009.